Dass diese Frau den "Künstlernamen" Larissa trägt und als Prostituierte arbeitet ("Sie ist ein fröhlicher Mensch, der im Schlaf oft weint"), dass Joentaa gedanklich noch immer mit dem Verlust seiner an Krebs verstorbenen Frau zu kämpfen hat: Dies steht eher zwischen den Zeilen, die vordergründig den Alltag im Leben eines Paares schildern.
Nichts an Wagners Schreibe wirkt plakativ, und so ist auch die Vortragsweise des Autors: Er ist ein großartiger Erzähler, was gleichsam für das geschriebene, wie für das gesprochene Wort gilt.
Leise, fast bedächtig entwickelt er die Geschichte. Und glaubt der Zuhörer nach dreißig Minuten - als doch noch der obligatorische Mord geschieht - nun beginne der eigentliche Plot, so irrt er sich. Denn auch in der Rolle des Ermittlers bleibt die kompromisslos und vielschichtig dargestellte Figur zuallererst Mensch.
Träge und desinteressiert befasst sich Kimmo Joentaa mit dem Fall - "um beizeiten den Tatort zu verlassen, weil es Wichtigeres gibt." Der düstere Ton des Romans speist sich nicht aus Blut, sondern aus Tränen: "Lysozym", ein Bestandteil von Tränenflüssigkeit finden die ungleich fleißigeren Kollegen des Kommissars auf dem Bett der Leiche, einer ebenfalls namenlosen Frau.
Tränenverhangen wirkt auch die dichte Atmosphäre des Romans, der, wie Wagner formuliert, von all den depressiven Geschichten, die er geschrieben habe, noch die lustigste sei. In der sich an die Rezitation anschließenden Diskussion mit den Zuhörern konkretisiert er diese Einschätzung: "Es geht um den Tod, um die Urängste der Menschen. Doch am Ende triumphiert das Leben."
© Lippische Landes-Zeitung 2012